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Für Trainer, Berater, Coaches

Sie können unsere Ausbildung natürlich auch abschließen, ohne eine anschließende Prüfung beim Gesundheitamt abzulegen. Als Trainer, Berater oder Coach werden Sie im Umgang mit Ihren Klienten von Ihrem Wissen über Diagnostik und psychische Störungen profitieren. Hierzu ein Artikel unserer Dozentin Anke Finke-Meyer:

 

Psychiatrische Diagnostik beim Coaching

Machen wir uns nichts vor, Arbeit und Privat lässt sich nicht trennen. Zumindest nicht innerhalb der eigenen Person. Die Privatperson ist es, die zur Arbeit geht, und jeder Mensch versucht sein Privatleben mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln angenehm zu gestalten, inklusive seines Jobs. Läuft aber in Work oder Life über längere Zeit etwas schief, ist es meist aus mit der Balance. Der Stress auf der einen Seite führt zwangsläufig irgendwann zu Stress auf der anderen Seite. Die persönliche, individuelle Art des Umgangs mit solchen Situationen ist vielschichtig und zugegebener Maßen von vielen Faktoren abhängig – aber unter dem Strich reagiert ein Mensch im Stress im wesentlichen immer gleich, um alles wieder „in den Griff“ zu bekommen. Er bedient sich dafür seines persönlichen Potpourris aus alten und neuen Mustern, die in Stresssituationen einer Programmierung ähnlich wie von selbst ablaufen – oft ohne dass bewusst hinter die Kulisse dieser Mechanismen geschaut wird.


So sinnvoll und richtig solche Bewältigungsprogramme im allgemeinen auch sind, manchmal stehen sie notwendigen Veränderungen im Denken, Fühlen und Handeln im Weg und verhindern damit echtes Wachstum und Entwicklung einer Person. Und das ist dann der Moment, wenn jedes Coaching, jede Beratung und jedes Training nicht nur auf ein berufliches oder privates Problem trifft, das „nur“ einen neuen Blickwinkel braucht. Hier geht es meist eher um die Gesamtstruktur eines Gegenübers, die aus sich heraus keine adäquaten Lösungen mehr findet.
 

Nun ist dieses Gegenüber in den weitaus meisten Fällen natürlich nicht psychisch krank. Aber das interessante an psychischen Störungen ist, dass sie letztlich nur Extreme menschlichen Verhaltens, Fühlens und Denkens sind, die jeder Mensch in sehr abgeschwächter Form und in unterschiedlichem Maße in sich trägt. Ängste z.B. sind jedem bekannt, inklusive dem dazu gehörigen Vermeiden der auslösenden Situationen. Trotzdem hat nicht jeder gleich eine Angststörung. Das geordnete, regelgerechte und damit zeitaufwendige Abarbeiten von Aufgaben, das Y vor dem Gefühl des Kontrollverlustes schützt, hat zwar Ähnlichkeit mit der Zwangsstörung von X, ist aber nicht per se pathologisch. Und nicht jeder, der schlecht schläft, weil die Gedanken kreisen, hat eine Schlafstörung. Trotzdem sind die auftretenden Ähnlichkeiten in den Dynamiken von normalen Automatismen und der Pathologie psychischer Störungen überaus auffällig.
 

Genau wegen dieser Ähnlichkeiten ist die tiefer gehende Kenntnis psychiatrischer Diagnostik so wertvoll für alle Beratungs,- Coaching,- und Trainigsprozesse. Denn, kennt man die Extreme in ihren Ursachen, Erscheinungsformen und Verläufen genauer, lassen sich auch die nicht pathologischen aber überholten Mechanismen menschlicher Grundstrickmuster leichter erkennen. Dadurch wiederum können Gespräche gezielter auf die wesentlichen Punkte ausgerichtet werden und Interventionen besser an den ausschlaggebenden Knotenpunkten ansetzen. Kommen zu den Kenntnissen der Diagnostik noch Kenntnisse über mögliche Therapieformen psychischer Störungen hinzu, gewinnen helfend Tätige zusätzliche Denkanstöße für die eigene Toolkiste.
 

Ein weiterer Vorteil, den fundierte, diagnostische Kenntnisse bieten, ist nicht von der Hand zu weisen. Depressionen, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen sind mehr und mehr auf dem Vormarsch. In Deutschland waren 2023 laut Techniker Krankenkasse etwa 6,2 Millionen Menschen an einer Depression erkrankt, Tendenz steigend. Das Gleiche gilt für Angststörungen und andere ernste Erkrankungen. Das bedeutet natürlich, dass auch die Wahrscheinlichkeit steigt, im täglichen Berufsalltag von Beratung, Coaching, und Training auf eine echte psychische Störung zu treffen. Das A und O zur Linderung oder gar Heilung psychischer Erkrankungen liegt darin, möglichst früh erkannt zu werden. Diagnostische Kenntnisse von Helfenden tragen also zur Früherkennung bei und ermöglichen dadurch Betroffenen ein schnelleres Gegensteuern.

Anke Fige-Meyer

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